Angelfischer stehen für nachhaltige Fischerei am Bodensee und dessen Zuflüssen

Auf der letzten Jahresversammlung der IABS (Internationale Arbeitsgemeinschaft der Bodensee Sportfischer) der Interessengemeinschaft der Angelfischer am Bodensee-Obersee haben sich die Mitglieder einstimmig für eine nachhaltige Entwicklung der Fischerei am Bodensee ausgesprochen.

 Die IABS ist die Interessenvertretung der Angelfischer am Bodensee-Obersee. Das sind 23 Vereine in drei Ländern rund um den See verteilt. 13.000 Angelfischer haben im Jahr 2013 einen Erlaubnisschein am Bodensee-Obersee erworben. Von den Einnahmen, der so genannten „Fischereiabgabe“ werden seit vielen Jahren wesentliche Projekte bzw. Institutionen rund um die Erhaltung und Verbesserung des Lebensraum Bodensee für einen natürlichen Fischbestand finanziert. Die Angelfischer finanzieren und unterstützen damit die nachhaltige und ursprüngliche Entwicklung der Fischbestände am Bodensee.

Neben dem finanziellen Beitrag werden Jahr für Jahr mit mehreren 10.000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden, in drei Ländern rund um den Bodensee ganz wesentliche Arbeiten scheinbar im verborgenen gleistet. Dabei werden Zuflüsse renaturiert, Brutplätze für Fische eingerichtet, Maßnahmen zum Artenschutz ergriffen und Ufer vom Müll bereinigt. In zahlreichen Jugendgruppen wird der Nachwuchs an die Angelfischerei herangeführt und in Ausbildungskursen auf die Fischereiprüfung vorbereitet. Vielen Senioren ist es mit Hilfe der Angelvereine möglich bis ins hohe Alter die Angelfischerei auszuüben.

Die meisten Angelvereine haben mittlerweile einen extra ausgebildeten Naturschutzwart in ihren Reihen. So hat der ASV-Konstanz für sein Engagement 2013 den Naturschutzpreis des Landes-Baden Württemberg, als auch den 2. Preis des deutschen Naturschutzpreis des BfN in Bonn erhalten.

Wiedereinführung von Schonzeit und Schonmaß für den Hecht am Obersee

Um die Ausbreitung des Hechtbandwurm einzudämmen wurde 1999 durch die IBKF (Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei) beschlossen die Schonzeit und das Schonmaß vom Hecht am Obersee auf unbestimmte Zeit auszusetzten.

Für die Angelfischer besteht somit seit fast 15 Jahren eine Entnahmepflicht für alle Hechte auch in der Laichzeit.

Dabei hat die Maßnahme bis heute nicht die erhoffte Wirkung erzielt, wie von Dr. Bettina Ulla Molzen im Rahmen einer Doktorarbeit an der Tierärztlichen Fakultät der LMU München schon im Jahre 2006 nachgewiesen.

Bei der gezielten Netzfischerei auf Hechte in der Laichzeit ist ein sekundärschaden für laichende Zander und andere Fischarten zumindest wahrscheinlich. Darüber hinaus werden Angelfischer vermehrt durch Tierschutzverbände für die Praxis kritisiert verlaichte Fische zu entnehmen. Das schadet dem Ansehen der Angel- und Berufsfischer in der Öffentlichkeit. Auch eine sinnvolle Verwertung fällt den Angelfischern schwer, da das Fleisch während der Laichzeit geschmacklich leidet.

Somit haben die Angelfischer einstimmig beschlossen, erneut einen Antrag auf „Wiedereinführung von Schonzeit und Schonmaß für den Hecht am Bodensee-Obersee“ zur Abstimmung bei der IBKF einzubringen.

Nachhaltiger Laichfischfang

Die Wasserqualität des Bodensee und damit verbunden der Sauerstoffgehalt im Tiefenwasser bewegen sich inzwischen in einem Bereich, der die Erfolgschancen bei der Naturverlaichung positiv beeinflusst.

Im Zuge einer verbesserten Naturverlaichung der Felchen und Saiblinge, sollte die Fischereiforschungstelle Zielvorgaben in Bezug auf die Art und Anzahl der zu fangenden Laichfische festlegen. Ziel der Maßnahme ist es, die Befischung der Bestände während der Laichaktivität so schonend wie möglich durchzuführen.

Felchenzucht in Aquakultur

Während der letzten Jahresversammlung der IABS gab Dipl. Biol. Susanne Göbel von der staatlichen Fischereiforschungsstelle in Langenargen den Angelfischern einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema: „Felchenzucht in Aquakultur“.

Die Angelfischer sprechen sich ausdrücklich für eine weitere Erforschung der Felchenzucht in Aquakultur aus, sofern dies in geschlossenen Anlagen außerhalb des Bodensees geschieht. Intensivhaltung in Netzanlangen – im oder direkt am Bodensee lehnen die Angelfischer strikt ab. Bodenseewasser wird heute schon bis nach Stuttgart und Würzburg geleitet, so könnte in geschlossenen Zuchtanlagen im Hinterland eine alternative zum Wildfang entstehen. Damit könnte der kommerzielle Fangdruck auf die Wildbestände in der Zukunft reduziert werden und für Teile der Berufsfischer ggf. eine alternative Einkommensquelle erschlossen werden.

Kormoran-Management für den gesamten Bodensee

Die Angelfischer sprechen sich ausdrücklich dafür aus in der Zukunft ein gemeinsames Kormoran-Management am gesamten Bodensee umzusetzen. Im April 2014 ist im Naturschutzgebiet Lipbachmündung eine weitere Kormoran-Kolonie mit 27 Brutpaaren und bis zu 200 Individuen entstanden. Dr. Julia Gaye-Siessegger hat nach über 3 Jahren Forschung in ihrem Abschlussbericht nachgewiesen, dass durch die Nahrungssuche des großen Kormoran-Bestands am Untersee des Bodensees „durchaus ein fischereiwirtschaftlicher Schaden entsteht“. Der durchschnittliche Bestand an Kormoranen am Bodensee liegt mittlerweile bei 1200 Individuen. Ein einzelner Kormoran frisst nach konservativen Schätzungen ca. 500g Fisch am Tag, das sind übers Jahr ca. 200t Fisch oder fast die Hälfte dessen was alle Berufsfischer zusammen am Obersee in einem Jahr fangen.

interreg-IV Projekt „Seeforelle“

Am 10. Oktober 2014 wurden in Bregenz im Rahmen einer Informationsveranstaltung die Ergebnisse des interreg-IV Projektes: “ Seeforelle – Arterhaltung in den Bodenseezuflüssen“ präsentiert. Die Seeforelle als Wanderform der Bachforelle steigt im Winter in die Zuflüsse rund um den Bodensee auf, um dort abzulaichen und danach wieder in den Bodensee abzuwandern. Die Brütlinge verbleiben bis zu zwei Jahre im Fließgewässer, bevor sie selber wieder als Seeforelle in den Bodensee abwandern. Da viele Angelvereine auch die Zuflüsse zum Bodensee bewirtschaften, kommt ihnen bei der Arterhaltung der Seeforelle eine ganz besondere Bedeutung zu.

Die Angelfischer haben sich dafür ausgesprochen auf Grundlage der Projektergebnisse die Rahmenbedingungen für die Arterhaltung der Seeforelle weiter zu verbessern. Erste Projekte in diese Richtung wurden auf Initiative des ASV-Friedrichshafen e.V. bereits beim RP-Tübigen beantragt.

Ertragsrückgang bei den Berufsfischern

Der Ertragsrückgang der Berufsfischer wurde in der jüngsten Vergangenheit fast ausschließlich mit den fehlenden Nährstoffen im Bodensee begründet.

Die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) hat sich eindeutig gegen eine Erhöhung der Nährstoffkonzentrationen im Bodensee ausgesprochen und auch aus der Politik sind keine ernsthaften Anzeichen zu erkennen, dass es dafür in der Zukunft eine Zustimmung geben könnte.

Die Angelfischer haben sich aus Solidarität zu unseren berufsfischenden Kollegen bei der Nährstoffdebatte bisher neutral verhalten, sehen darin aber nicht die Lösung für eine nachhaltige Fischerei am Bodensee in der Zukunft.

Die fischbiologischen Untersuchungen des Wasserforschungsinstitut Eawag im Rahmen einer Bestandsaufnahme in Schweizer Seen haben gezeigt, dass die tiefen, nährstoffarmen Seen am Alpenrand eine einzigartige Diversität an Fischen beherbergen. Zahlreiche Arten hätten nur dank den großen Anstrengungen beim Gewässerschutz überlebt. In Mittellandseen mit einer merklichen Zunahme des Phosphors seien diverse einheimische Fischarten bereits ausgestorben.

Für die Ertragsrückgänge der Berufsfischer könnte man auch eine sozial-politische Lösung in Verbindung mit ökologisch verträglichen Befischungsregeln auf Grundlage der veränderten Rahmenbedingungen nachdenken.

Viele Länder im europäischen Ausland haben einen vergleichbaren Weg schon vor Jahren erfolgreich beschritten. Dabei wurden der kommerzielle Fischfang mit Stellnetzen gegen entsprechende Ausgleichszahlungen reduziert. Als Folge konnte eine Erholung der Fischbestände und eine deutliche Zunahme des Angeltourismus verbucht werden.

Hintergrund ist die Erkenntnis, dass ein Fisch der von einem Touristen geangelt wird, gegenüber einem der im Netz gefangen wird eine deutlich höhere regionale Wertschöpfung erzielt.

Die jetzigen Maßnahmen, wie Ertragsrückgängen bei den Berufsfischern – mit einer Verkleinerung der Maschenweite bei den Fischernetzen und mit diversen Ausnahmeregelungen zur Befischung der Bestände während der Laichzeit zu begegnen, wird langfristig nur zu weiteren Ertragsrückgängen für alle Beteiligten führen.

Thermische Nutzung des Bodenseewasser

Die IGKB hat im Mai auf ihrer letzten Jahrestagung neue Richtlinien für die Nutzung von Bodenseewasser zur Wärme und Kältegewinnung beschlossen. Es ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft zahlreiche Anlagen auf Grundlage der neuen Richtlinie am Bodensee entstehen werden. Dabei wird auf die Bedeutung der Umweltverträglichkeit der Anlagen als Voraussetzung für deren Betrieb hingewiesen.

Gerade in Bezug auf die natürliche Fortpflanzung der Fische im Bodensee können kleinste Temperaturveränderungen große Auswirkungen nach sich ziehen, da die Entwicklung der Eier bis zum Schlupftermin bei vielen Arten von der Wassertemperatur abhängt. Dieser Mechanismus stellt sicher, dass Brütlinge zum optimalen Zeitpunkt schlüpfen und sich damit die Überlebenschancen verbessern.

Fazit

Der Bodensee hat sich in den letzten Jahren aus Sicht der Angelfischer durchaus positiv entwickelt. Der Bodensee wird immer „sauberer“ und das hat auch viele Vorteile. Viele der für den Bodensee typischen Fischarten wie z.B. der Saibling oder Felchen können ihre angestammten Lebensräume in tieferen Wasserschichten wieder besiedeln. Nach neusten Untersuchungen funktioniert bei vielen sensiblen Fischarten die Naturverlaichung immer besser.

Mit dem Klimawandel kommt in den nächsten Jahren eine zusätzliche Herausforderung auf den Bodensee und dessen angestammte Fischarten zu.

BrutboxenDie Angelfischer wollen in Zukunft alle Maßnahmen Unterstützen, welche die Wildbestände der heimischen Fischarten in ihren angestammten Lebensräumen im Bodensee und dessen Zuflüssen weiter verbessern. Dabei sollte dem Schutz und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Fortpflanzung der heimischen Fischarten eine besondere Bedeutung zukommen. Die Bestimmungen für Berufs- und Angelfischer sollten sich in der Zukunft in erster Linie an dem Aspekt der Nachhaltigkeit orientieren.

Auch wenn es in Detailfragen durchaus verschiedene Auffassungen gibt, haben die Angel- und Berufsfischer am Bodensee grundsätzlich eine gemeinsames Interesse. Im Hinblick auf die Herausforderungen in der Zukunft, ist es für beide Seiten von Vorteil auch gemeinsam für diese Interessen einzustehen.

 

{imageshow sl=3 sc=3 w=100% /}